Wenn Leidenschaft auf Handwerk trifft: Maja Smend hat sich mit ihrer unverwechselbaren Mischung aus Natürlichkeit, Wärme und feinem Humor einen Namen in der Food-Fotografie gemacht. Ihr lichtdurchflutetes Londoner Studio ist zugleich Küche, Atelier und Treffpunkt für kreative Köpfe – von StylistInnen bis KöchInnen. Im Interview erzählt sie, wie ihre Liebe zu gutem Essen, präziser Technik und englischem Understatement zusammenfließen – und warum kein Shooting ohne eine Tasse Tee beginnt.
Wie bist Du Fotografin geworden?
Aufgewachsen im Fotografen-Haushalt meines Vaters, der in Hannover ein großes Werbestudio führte, ging ich nach dem Abitur zum Assistieren nach Hamburg zu Götz Schwan. Das war die Hoch-Zeit der Titelbilder für Stern, Rolling Stone, Max und Amica. Danach studierte ich Photomedia am Art & Design College in Plymouth, assistierte bei Steve Baxter in London und gründete vor über 20 Jahren mein eigenes Studio in London.

Kannst Du ein bisschen mehr über Dein Studio erzählen?
Mein Studio in Acton, West-London, ist lichtdurchflutet und verfügt über eine großzügige Küche. Fotografiert wird mit Phase One oder Canon, dazu steht umfangreiches Blitz- und HMI-Licht zur Verfügung. Das Schönste: An der Wand hängen 50 bunte, gehäkelte Topflappen. Ich freue mich jeden Morgen, wenn ich reinkomme, über das Gewusel, das entsteht, wenn AssistentInnen, StylistInnen und KundInnen gemeinsam an schönen Produktionen arbeiten – aber nicht, bevor wir nicht gemeinsam a cup of tea getrunken haben.
Warum hast Du Dich auf Food-Fotografie spezialisiert?
Essen und Fotografie prägten meine Familie schon immer. Beide Leidenschaften zu verbinden, war die naheliegendste Entscheidung überhaupt. Mich fasziniert wirklich alles an diesem Thema: Ich kann stundenlang in der Metzgerei, im Fischladen oder in der Pâtisserie stehen und zuschauen, über Foodmärkte schlendern und Restaurants ausprobieren, ohne dass mir jemals fad werden würde.
Was fasziniert Dich an der Fotografie?
Ihre unterschätzte Kraft. Fotografie muss nicht allein die Realität abbilden. Mit einem Bild eine ganze Erzählung transportieren und die eigene Perspektive sichtbar machen – genau das ist für mich der Reiz.
Wie würdest Du Deinen Fotografie-Stil beschreiben?
Am besten als eine Mischung aus natürlichem, realistischem Aufbau, weiblicher Eleganz und einem englischen Twinkle in the Eye.
Was inspiriert Dich?
London ist ein unerschöpflicher Quell. Theater mit Bühnenbild und Licht. Galerien – von alten Meistern bis zu junger Kunst. Und natürlich die Restaurantszene, die unermüdlich überrascht. Oder sich treu bleibt, wie mein Lieblingsrestaurant St. John etwa, mit seiner Nose-to-Tail-Küche – hier wird wirklich alles genutzt, nichts verschwendet. Diese Haltung von Respekt gegenüber dem Produkt möchte ich auch in meiner Arbeit zeigen. Und natürlich inspiriert mich mein kreatives Team.
Hast Du spezielle Markenzeichen beim Fotografieren?
Ich arbeite mit sehr unterschiedlichen KundInnen, und jede Produktion verdient ihren individuellen Ansatz – je nach Briefing, das ich mit meinem eigenen Touch zum Leben erwecke.
Erzähl uns von Deinem aufregendsten oder ungewöhnlichsten Shooting!
Schon ungewöhnlich war für mich Gordon Ramsay’s TV-Show, bei der ich als Coach auftreten durfte. Ich war vermutlich die Einzige an diesem Tag, die nicht von ihm angeschrien wurde. Stattdessen erwies er sich als großzügiger und äußerst unterhaltsamer Partner in Crime. Trotz allem stehe ich wesentlich lieber hinter der Kamera.
Verrätst Du uns noch etwas Persönliches?
Aufgewachsen in Hannover, seit über 20 Jahren zuhause in London. Ich lebe hier mit meinem Mann, zwei wunderbaren Töchtern und einem Schnoodle (Hund). Es ist ein Privileg, in zwei Ländern zuhause zu sein – als Deutsche in England, Engländerin in Deutschland. Jeden, naja, fast jeden Morgen schwimme ich meine Bahnen im Parliament Hill Lido. Bei Wind und Wetter, Sonne und Eis – aber nie ohne die Thermosflasche.
Hast Du ein Lebensmotto?
Nicht ganz ein Lebensmotto, aber nach großen Shootings passt schon, ganz nach Oasis: I’m feeling supersonic, give me Gin & Tonic.
Für welche Projekte und KundInnen arbeitest Du?
Ich habe das Glück, mit großartigen Marken zusammenzuarbeiten: Waitrose, Marks & Spencer, Sainsbury’s, Tesco, Fortnum & Mason. Dazu Gü, Lindt, Nestlé und Maggi. Im Editorial-Bereich Condé Nast und House & Garden. Kochbücher mit Jamie Oliver, Joe Wicks und Rachel Allen für Verlage wie Harper Collins, Random House und Gräfe & Unzer. Auch die BBC und Virgin Atlantic gehören dazu.

